Marcel Breuer, das Bauhaus und wohnbedarf

Das Bauhaus war für viele Künstler, Architekten und Gestalter eine Ideologie, eine Überzeugung, nicht nur eine blosse Kunst- oder Architekturlehre. Das Experimentieren mit neuen Materialien und Formen brachte eine neue Lebenswelt mit sich, die zu revolutionären Produkten wie dem ersten massenhaft produzierten Freischwinger-Stuhl von Marcel Breuer führte. Schnörkellos, funktional und in Serie gefertigt – so waren die Möbel geplant, die die Wohnungen der Schweizer erobern sollten. Die Idee dahinter, Lebensform und Wohnkultur zu einer Einheit zu verbinden.

1933 baten die drei wohnbedarf-Gründer den Vertreter der Avantgarde Marcel Breuer die Räume an der Talstrasse 11 in Zürich zu gestalten, die heute noch als Ausstellungs- und Planungsräume genutzt werden. Ebenfalls wurde er 1956 erneut für den Umbau beautragt.

Foto: Valentin Jeck
wohnbedarf Talstrasse 11, 2017

 

Biografie

Der Designer und Architekt Marcel Breuer (1902 – 1981) gehörte zu den einflussreichsten Gestaltern des 20. Jahrhunderts. Bereits als junger Student am Bauhaus in Weimar tat sich der gebürtige Ungar mit einigen von der niederländischen De Stijl-Gruppe inspirierten Möbelentwürfen hervor. Im Alter von nur 23 Jahren gelang ihm 1925 die als revolutionär zu bezeichnende „Erfindung“ des Stahlrohrmöbels, die als sein zentraler Beitrag zur Designgeschichte gilt. Breuers Stahlrohr-Entwürfe – wie etwa der berühmte Wassily-Sessel, der Bauhaus-Hocker oder die diversen Freischwinger – stehen, vergleichbar nur mit Wagenfelds legendärer Tischleuchte, beispielhaft für das Design einer ganzen Epoche.


Marcel Breuer im Wassily-Sessel (B3), ca. 1926 / Foto: Courtesy Constance L. Breuer

Sie haben, millionenfach kopiert, längst ihren festen Platz unter den grossen Klassikern der Moderne. Doch nicht nur den Möbeln aus Stahlrohr hat Breuer zum weltweiten Durchbruch verholfen. Auch mit den in den dreißiger Jahren entworfenen Möbeln aus Aluminium und verformtem Schichtholz schrieb er Designgeschichte und inspirierte nachfolgende Designergenerationen.

Kaum weniger bedeutsam erscheinen aus heutiger Perspektive die legendären Inneneinrichtungen Breuers. Man denke etwa an die Einrichtung des Meisterhauses von Walter Gropius in Dessau (1925/26), an die Wohnung des berühmten Theaterregisseurs Erwin Piscator in Berlin (1927), aber auch an die späteren, in England und Amerika realisierten Interieurs, die die Wohnkultur des 20. Jahrhunderts entscheidend mitprägten.

Quelle Text: https://www.design-museum.de/de/ausstellungen/detailseiten/marcel-breuer.html

 

„The artist works with the highest level of feeling. The technician works with the highest level of logic“

Marcel Breuer

Architekt, Möbeldesigner und Inneneinrichter

Mochte sich Breuer innerhalb von nur wenigen Jahren vom Bauhausschüler zu einem in der gesamten europäischen Avantgarde beachteten und geschätzten Möbeldesigner und Inneneinrichter entwickelt haben, seinem Selbstverständnis nach wollte er in erster Linie Architekt sein. Spätestens seit Mitte der zwanziger Jahre begriff er das Bauen als das eigentliche Ziel seiner beruflichen Tätigkeit.

Nach schleppenden Anfängen in Europa und (ab 1937) in den USA, die vor allem der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg geschuldet waren, belebte sich seine Karriere als Architekt seit Mitte der vierziger Jahre. Sein in New York ansässiges Büro profilierte sich zunächst mit Einfamilienhäusern. Seit Beginn der fünfziger Jahre konnte Breuer aber auch zahlreiche prestigeträchtige Grossprojekte realisieren, unter denen einige, wie etwa die Unesco-Zentrale in Paris (1952 – 58 zusammen mit Nervi und Zehrfuss) oder das Whitney Museum of American Art in New York (1964 – 66), weltweite Aufmerksamkeit erregten.

Blick in das Konferenzgebäude (Marcel Breuer/Bernard Zehrfuss/Pier Luigi Nervi, Unesco: Preliminary Project, Paris 1953, S. 15)

Zu seinem Markenzeichen entwickelte sich in dieser Zeit sein skulpturaler Umgang mit dem Material Beton, das er vor allem wegen seiner Formbarkeit und Massivität schätzte.

Quelle Text: https://www.design-museum.de/de/ausstellungen/detailseiten/marcel-breuer.html

Spannend... "Breuer reloaded - Met Breuer"

The-Met-Breuer-facade-Madison-Avenue

Wenn das «Met Breuer» heute im ehemaligen Whitney Museum an der Madison Avenue seine Pforten öffnet, kann man das «Ironie der Geschichte» nennen. Denn Marcel Breuers Museumsbau würde vielleicht gar nicht existieren, hätte das Metropolitan Museum nicht anno 1929 eine Schenkung der Kunstmäzenin Gertrude Vanderbilt Whitney naserümpfend zurückgewiesen: an die 600 Werke moderner Kunst – darunter etliche Bilder von Edward Hopper, Marsden Hartley und Georgia O’Keeffe – waren dem konservativen Direktor Edward Robinson nicht einmal die 500 000 Dollar wert, die die Millionenerbin und Rodin-Schülerin zusätzlich ins Geschenkpaket packte. «Was sollen wir denn damit anfangen, gute Frau?», soll er gefragt haben. «Wir haben bereits einen ganzen Keller mit diesem Zeug voll.» Vanderbilt Whitney, selbst Schöpferin solchen Zeugs, steckte das verschmähte Geld stattdessen in das anfangs vielgescholtene, heute denkmalgeschützte Breuer-Gebäude, das die inzwischen auf über 20 000 Werke angewachsene Sammlung moderner amerikanischer Kunst bis vor kurzem beherbergte.

 

Quelle Text: https://www.nzz.ch/feuilleton/breuer-reloaded-1.18714324
Quelle Bild: https://www.inexhibit.com/case-studies/new-york-new-met-breuer-museum-opens-to-the-public/

Marcel Breuer Entwürfe

Thonet, Programm S 64 Freischwinger

Unter den Stahlrohrmöbeln ist der Freischwinger S 32 besonders vielseitig. Er ist in unterschiedlichen gestalterischen Welten zu Hause. Zur kompromisslos modernen Einrichtung passt er genauso wie zum vielseitigen Mix, der unterschiedlichen Epochen und Stilen nebeneinander Raum gibt. Der Freischwinger S 32 und die Variante S 64 mit Armlehnen sind die bekanntesten Stahlrohr-Klassiker. Zu ihrer Popularität trägt die reizvolle Verbindung des Neuen mit dem Bewährten bei: Thonets Tradition in der Herstellung von Bugholzmöbeln mit charakteristischem Wiener Geflecht, in Kontrast zum revolutionären Einsatz von Stahlrohr. Sitz und Rückenlehne aus gebogenem Massivholz mit Rohrgeflecht verkörpern Tradition, das Gestell Gegenwart und Zukunft. ONLINESHOP

 

Thonet, S 43 Freischwinger (Stuhl)

Mart Stam setzte bei all seinen Möbelentwürfen auf Geradlinigkeit in der Form, auf ästhetische Sparsamkeit der Konstruktion und auf den Nutzen verbesserten Sitzkomforts. Beim S 43 kombinierte er das Stahlrohr-Gestell mit Formholzschalen für Sitz und Rücken und schaffte damit eine absolute Reduktion. Durch den bequemen Schwingeffekt des Gestells kann man auf eine Polsterung verzichten. Seine klare, zurückhaltende Form macht diesen Freischwinger zu einem exemplarischen Entwurf im Geiste der Moderne. Das künstlerische Urheberrecht für diesen streng kubischen hinterbeinlosen Stuhl liegt heute bei Thonet. ONLINESHOP

Knoll Int., Wassily Sessel

Nicht nur seine Wassily- und Cesca-Stühle, uach die Laccio-Beistelltische von Marcel Breuer sind prägend für die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Breuer’s Gebrauch von rohrförmigem Stahl, um so Linien im Raum zu definieren, hat Generationen von Designern inspiriert. ONLINESHOP

Knoll, Laccio Couchtische

 

Nicht nur seine Wassily- und Cesca-Stühle, auch die Laccio-Beistelltische von Marcel Breuer sind prägend für die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Breuer’s Gebrauch von rohrförmigem Stahl, um so Linien im Raum zu definieren, hat Generationen von Designern inspiriert. Das Logo „KnollStudio“ und die Unterschrift von Marcel Breuer sind in das Tischgestell eingeprägt. ONLINESHOP

Thonet, B 22 a Regal


Inspiriert von den Möbeln der Architekten Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und Mart Stam sowie den Möglichkeiten des Materials Stahlrohr, entwickelte Thonet ab den 1920er Jahren eine Reihe eigener Entwürfe. Es waren vor allem Beistellmöbel, die zum großen Teil im Steckkarten-Katalog von 1930/31 publiziert wurden. Dazu gehört auch das Regal B 22. ONLINESHOP

Buchtipp:

 

Buch Marcel Breuer: Aluminium
Der Wettbewerb der Alliance Aluminium 1933
Peter Lepel, 2017